Der vergessene Arbeiterwiderstand. Vor 70 Jahren trafen sich Vertreter von KPD und SPD am Vorabend des 20. Juli 1944

10. Juni 2014

Montag, 23. Juni 2014, 19 Uhr, Haus der Demokratie und Menschenrechte (Robert-Havemann-Saal),
Greifswalder Straße 4, 10405 Berlin

Nach einer historischen Einführung durch die Historikerinnen Dr. Bärbel Schindler-Saefkow und Dr. Annette Neumann diskutieren:

  • Prof. Dr. Peter Brandt, Fernuniversität Hagen, Historische Kommission der SPD
  • Dr. Stefan Heinz, Forschungsstelle Nationale und Internationale
  • Gewerkschaftspolitik der Freien Universität Berlin
  • Dr. Klaus Lederer, Landesvorsitzender DIE LINKE Berlin
  • Prof. Dr. Johannes Tuchel, Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin
  • Daniel Wucherpfennig, DGB Berlin-Brandenburg

Moderation: Dr. Hans Coppi, Vorsitzender der Berliner VVN-BdA e. V.

Das Treffen in der Köpenickerstraße
Am 22. Juni 1944 trafen sich die Kommunisten Anton Saefkow und Franz Jacob mit den Sozialdemokraten Julius Leber und Adolf Reichwein bei dem Arzt Rudolf Schmid in der Köpenicker Straße in Berlin. Zum ersten Mal loteten Vertreter der Arbeiterparteien Gemeinsamkeiten aus und überwanden Bedenken.

Für den Sturz Hitlers sollten möglichst viele Gegner des Naziregimes mit unterschiedlichen politischen und weltanschaulichen Anschauungen einbezogen werden. Diese Ansicht teilte auch Claus Schenk Graf von Stauffenberg, der das misslungene Attentat auf Adolf Hitler vom 20. Juli 1944 verübte und an entscheidender Position an der daran anschließenden „Operation Walküre“ beteiligt war, dem Versuch eines Staatsstreiches. Stauffenberg wusste um Lebers Kontakte zu den Kommunisten.

Am 22. Juni 1944 wurde erörtert: Freie Demokratie? Ja. Privateigentum? Ja. Konzerne und Großkapital ausgenommen. Dies hielt Rudolf Schmid fest, der die Begegnung als angenehm in Erinnerung behielt: Man wollte sich verstehen, man hatte eine gemeinsame Aufgabe, von der verschiedene Auffassungen nicht ablenken durften.

Die wohl schon länger geplante und nur wenige Wochen vor dem 20. Juli anberaumte Begegnung deutet auf einen Paradigmenwechsel in den schwierigen Beziehungen der beiden Arbeiterparteien hin. Jacob, Leber, Reichwein und Saefkow waren trotz mancher Bedenken aus den eigenen Reihen über die Schatten der Vergangenheit gesprungen. Obgleich gegensätzliche Positionen bestehen blieben, traten diese in den Hintergrund. Die Gesprächspartner verabredeten in 14 Tagen ein nächstes Treffen. Dazu kam es nicht. Stattdessen kam es aufgrund von Verrat zu zahlreichen Festnahmen.

Zur Diskussion:

  • Worin besteht die historische Bedeutung des Treffens im Vorfeld des 20. Juli 1944?
  • Woran liegt es, dass in der öffentlichen Wahrnehmung der umfangreiche Arbeiterwiderstand – im Gegensatz zum bürgerlichen und militärischen Widerstand – kaum thematisiert wird?
  • Braucht es einen Gedenktag für den politischen Widerstand und ein Denkmal für den Arbeiterwiderstand?
  • Wie kann Geschichte von Widerstand und Verfolgung mit Fragen im Hier und Heute verbunden werden, z. B. im Hinblick auf rassistische Vorurteile und Verhaltensweisen und Neonazismus?
  • Losgelöst von historischen Kontexten wird bei der Neubewertung der europäischen Geschichte des 20. Jahrhunderts eine Kontinuität politischer Verfolgung im Faschismus und Kommunismus im 20. Jahrhundert beschworen. Wie kann Versuchen begegnet werden, verschiedene Erinnerungskulturen in Europa aus ihrem historischen Kontext zu lösen und sie „antitotalitär“ zu vereinen?

Veranstalterinnen: Berliner VVN-BdA e.V., Initiative zur Erinnerung an den Arbeiterwiderstand, Stiftung Haus der Demokratie und Menschenrechte
Infos: http://www.hausderdemokratie.de/artikel/programm.php4