Montag, 17. November 2014, 18.30 Uhr
Der “Judenkönig” -Zum 100. Geburtstag von Kurt Julius Goldstein
(4. November 1914 – 24. September 2007)
Hans Coppi im Gespräch mit André Goldstein
Antifa Jour Fixe | Jahr 2014
Montag, 20. Oktober 2014, 18.30 Uhr
»Grüßt nun bitte alle Sportkameraden«
Zum 70. Jahrestag seiner Ermordung: Werner Seelenbinder und der Arbeitersport
Werner Seelenbinder wurde 1904 in Stettin geboren und wuchs in Neukölln auf. Bei den olympischen Spielen 1936 war der populäre Arbeitersportler einer der Favoriten im Ringen. Er plante bei der Siegerehrung durch Verweigerung des Hitlergrußes eine spektakuläre Protestaktion. Ein unglücklicher vierter Platz machte dies zunichte. Im Februar 1942 wurde er als Mitglied der Robert-Uhrig-Gruppe verhaftet und nach zweieinhalbjähriger Haft am 24. Oktober 1944 in Brandenburg ermordet. An seinem Grab im Seelenbinder-Sportpark fand 1945 der erste OdF-Tag statt. Unser Jour fixe berichtet nicht nur über sein Leben und sein Wirken, auch der Arbeitersport insgesamt wird beleuchtet.
Montag, 15. September 2014, 18.30 Uhr
„Machandel“ – Lesung und Gespräch mit Regina Scheer über ihren ersten Roman
In mehreren Büchern hat Regina Scheer sich mit deutsch-jüdischer Geschichte beschäftigt. Auch der Widerstand gegen den Nationalsozialismus war immer wieder ihr Thema. In ihrem soeben erschienen Roman „Machandel“ spannt sie den Bogen von den 30er Jahren über den Zweiten Weltkrieg bis zum Fall der Mauer und in die Gegenwart. Die Geschichte der DDR, die Hoffnung des Anfangs, die zu Erstarrung und Enttäuschung wurde, prägte das Leben der Menschen, über die sie schreibt.
Montag, 18. August 2014, 18.30 Uhr
Antisemitismus und Rechtsradikalismus in Berlin zu Beginn der zwanziger Jahre
Vortrag von Stefan Knobloch
In der Geschichtsdarstellung wird auf die vielfältigen Wurzeln der Ausbildung der faschistischen Bewegung in Berlin seit 1918/1919 kaum eingegangen. Unzählige antisemitische und rechtsradikale Vereinigungen bildeten sich nach der Novemberrevolution in Berlin neu oder setzten nationalistische, monarchistische und verstärkt antisemitische Aktivitäten verschiedenster Vereinigungen fort. Sie waren damit ein Wegbereiter des deutschen Faschismus und schufen für die Berliner NSDAP und ihre Vorläufer die organisatorische Basis.
Die massive Radikalisierung der täglichen politischen Auseinandersetzungen war verbunden mit zunehmender Brutalität, die sich u. a. in Überfällen, Pogromen, Feme- und politischen Morden äußerte. Auf die verschiedenen Rollen dieser Organisationen, seien es „Alldeutscher Verband“, „Völkische Turnerschaft“, „Verein zur Bekämpfung des Bolschewismus“, „Ritter des feurigen Kreuzes“, sowie der direkten Vorläuferorganisationen der NSDAP, z.B. der „Nationalsozialistischen Kampfgemeinschaft Lichtenberg“ oder der „Deutsch-Sozialen Partei“, soll hier eingegangen werden.
Montag, 21.Juli, 2014, 18.30
Kennst Du das Land, wo die Kanonen blühn! – ein Erich-Kästner-Abend
Mit Frieder Böhne, Jutta Harnisch, Gina Pietsch, Markus Tervooren und Uwe Streibel am Piano
Er kannte es gut, dieses „Land, wo die Kanonen blühn“, der Dichter Erich Kästner. Zwei Weltkriege hatte er miterlebt, deren Vorberei-tungen und Auswirkungen, ein Kaiserreich als Schüler, und das größenwahnsinnige Dritte als ein verbotener, aber daheimgebliebener Schriftsteller. Wie wenig die eine Republik aus dem ersten, die andere aus dem zweiten großen Krieg gelernt hatte, war dem blitzgescheiten und wirklichem Dichter Kästner nicht nur klar, sondern immer Triebkraft, darüber zu schreiben.
Von seinem Freund, und Kollegen Hermann Kesten erfahren wir, dass er in Deutschland bleiben wollte, um Augenzeuge der kommenden Gräuel zu sein, also den Roman der Nazidiktatur zu schreiben. Er stand selbst in der Menge, als seine Bücher auf dem Bebelplatz in den Flammen landeten. Und er ahnte, wenn auch nicht gleich, diesen unausdenkbaren, infernalischen Wahnsinn des Faschismus, den er später nach dem Ansehen der amerikanischen Filme von der Befreiung der KZs sah. Was in den Lagern geschah, ist so fürchterlich, dass man darüber nicht schweigen darf und nicht sprechen kann. Aber freilich schreibt er darüber, anders freilich als früher. Berühmt wurde er mit seinen Gedichten, mit denen er die Bösen und Beschränkten ärgern wollte. Und er hat sie geärgert, Militaristen, Faschisten, Spießer, sogenannte Klassefrauen, Sergeanten und und und. Das immer literarisch, ästhetisch, ohne besondere ideologische oder politische Bindung, und doch mehrfach in Gestapohaft, und lebensgefährlich bedroht. Es reichte eben, dass er ein Moralist sein wollte, sozialreformerisch, aber mit spitzer Zunge, wunderbarem Humor und dem großem Bedürfnis nach zwischenmenschlicher Hilfe, einer, der Sprechbühne und Kabarett eine Unzahl anrührender und witziger Texte schenkte, die Komponisten, Rezitatoren und Sänger anzogen. Zwischen 33 und 45 gibt es wenig davon.
Er, der erst spät Vater wurde, wird d e r Kinderbuchautor, „Emil und die Detektive“ machen ihn weltberühmt, nicht zuletzt eine lebensrettende Maßnahme. Er schreibt für den Film. Und er schreibt Dokumentarisches, Kriegstagebücher zur Vorbereitung des dann doch nicht kommenden großen Romans über Deutschlands beschämendste Zeit.
Danach: Er in München, da ausgebombt in Berlin. Die Zeiten haben sich geändert, aber seine Freude darüber hält sich in Grenzen. Dass er zusammen mit Kollegen wie Ingeborg Bachmann, Peter Weiss, Heinrich Böll erfolgreich protestiert gegen die Debatte zur Verjährung von Naziverbrechen, war mehr als nötig, denn die alten und neuen Nazis saßen schon wieder an entscheidenden Positionen. Und im Oktober 1965 gab es am Düsseldorfer Rheinufer auch wieder Bücherverbrennungen, organisiert vom Evangelischen Jugendbund für entschiedenes Christentum und gebilligt vom sozialdemokratischen Oberbürgermeister. Und da ist der Vietnamkrieg, gegen den er, wie viele progressive Menschen, bei Ostermärschen protestiert.
Um Erich Kästner wurde sich viel gestritten, und das geht bis heute, nicht über den freundlichen Kinderbuchautor, nach dem über 50 westdeutsche Schulen benannt worden sind, nicht über witzig Erotisches in seinen Gedichten, wohl aber über den scharfsinnigen Kritiker deutscher Verhältnisse, den Antimilitaristen und Antifaschisten Erich Kästner. Da unterschieden sich schon die Schullesebücher der DDR und der BRD, und gesiegt hat mit ihrer Kästner-Auswahl die Letztere. Also kein „Sergeant Waurich“, kein „Kennst Du das Land, wo die Kanonen blühn“, kein „Marschlied 1945“. Schon deshalb bleibt uns Verpflichtung, ihn zu ehren und nicht nur am 29. Juli 2014, seinem 40. Todestag.
Montag, 16. Juni 2014, 18.30 Uhr
Unsere Straße! – Zum 80. Jahrestag der Ermordung von Richard Hüttig.
Lesung aus Jan Petersens Roman »Unsere Straße«
Anschließen wird sich ein Gespräch mit Elfriede Brüning ( * 8. November 1910 in Berlin) Schriftstellerin und die einzige noch lebende im „Bund proletarisch-revolutionärer Schriftsteller“ und Harald Marpe, Kiezbündnis Klausener Platz, der eine Broschüre über Otto-Grüneberg, der 1931von der SA ermordet wurde verfasst hat und sich für die Erinnerung an verfolgte und ermordete Antifaschist_innen in Charlottenburg (dort spielt der Roman) einsetzt.
Jan Petersen alias Hans Schwalm (1906-1969) war der Autor des ersten Anti-Nazi-Romans, der noch während des Faschismus erschien. Er engagierte sich bereits als Jugendlicher auf der revolutionären Linken und trat 1930 in die KPD ein. Von 1931 bis 1935 war er organisatorischer Leiter des
„Bundes proletarisch-revolutionärer Schriftsteller“.
In den Jahren 1933/34 schrieb er im Untergrund die Chronik „Unsere Straße“,die in Romanform den kommunistischen Widerstand gegen den Terror der Nazis, der SA, in der Charlottenburger Wallstraße, der heutigen Zillestraße schildert. Unter Lebensgefahr schmuggelte Petersen das Manuskript 1936 ins Ausland, wo es erstmals in Bern erschien. Nach der Rückkehr aus der Emigration lebte Jan Petersen in der DDR, wo er Vorsitzender des Deutschen Schriftstellerverbandes wurde.
Montag, 19. Mai 2014, 18.30 Uhr
Zu jeder Zeit erinnert man sich anders und an anderes
Gina Pietsch im Gespräch mit Sonja und Moritz Mebel
Sie sind Zeugen dreier Zeitalter, zweier Wenden und Welten und eines großen Krieges. Sie sind zwei Ärzte, zwei Professoren, ein Ehepaar, sie sind Sonja und Moritz Mebel. Sie teilen mehr als 50 Jahre Hoffnungen auf und Kämpfe um eine bessere Welt, und sie teilen Enttäuschungen und Niederlagen. Sie haben einen Beruf, dem der Humanismus zugrunde liegt, in dem sie Überragendes geleistet haben. Sie sind für die Menschen da, mit ihren Herzen und Händen, als Ärzte, als Kämpfer, als Antifaschisten.
Sonja und Moritz Mebel lernten sich als antifaschistische Emigranten in der Sowjetunion kennen, wo sie 1952 heirateten. Von 1941 -1947 war Moritz Mebel Soldat der Roten Armee.1957 kehrten sie nach Deutschland, in die DDR zurück.
Montag, 21.April 2014, 18.30 Uhr
Auf dem untersten Weg – Harald Poelchau (1903-1972)
Vorgestellt von Klaus-Peter Gerhardt
Nach dem Studium der Theologie und einer sozialfürsorgerischer Ausbildung, nach Assistenzjahren und Promotion bei Paul Tillich, dem er die Heranführung an den religiösen Sozialismus verdankt, ging Harald Poelchau am 1.Januar 1933 als Gefängnispfarrer nach Berlin-Tegel. „Schon von jeher hatte mich die Arbeit mit Gefangenen gelockt, entsprach sie doch meinen Vorstellungen, daß der Kirche immer der unterste Weg als der ihr gemäße gewiesen sei.“
Als aktives Mitglied der Widerstandsbewegung gegen die NS-Diktatur setzte er sich für menschliche Ordnung inmitten von Verfolgung, Unrecht und gewaltsamem Tod ein. Mehr als tausend Verurteilte begleitete er bis zur Hinrichtung, darunter viele persönliche Freunde aus dem Kreisauer Kreis und mehrere Mitglieder der „Roten Kapelle“. Hilfsaktionen für verfolgte Juden unterstützte Harald Poelchau wirksam.Nach der Befreiung wurde er für kurze Zeit damit beauftragt, in der sowjetischen Besatzungszone einen humanem Strafvollzug aufzubauen. 1951 wurde er zum ersten Sozial- und Industriepfarrer Berlin-Brandenburgs berufen.
Montag, 17.März 2014, 18.30 Uhr
„Die Schule der Janitscharen“
Erlebnisse eines von den Nazis „eingedeutschten“ polnischen Kindes und die späte Rückkehr zu seiner unbekannten Mutter
Alojzy Twardeckis „Schule der Janitscharen“ ist das bislang einzige Buch, in dem ein Betroffener das faschistische „Eindeutschungsprogramm“ beschreibt, bei dem tausende Kinder in den von den Nazis besetzten Ländern ihren Eltern gewaltsam entrissen und in Kinderheimen ihrer Identität beraubt und umerzogen wurden, um schließlich mit deutschem Namen, deutschem Lebenslauf in systemkonforme Familien gegeben zu werden.
Nach dem Krieg folgten jahrelange Auseinandersetzungen zwischen der leiblichen Mutter und der Adoptivfamilie, zwischen deutschen und polnischen Behörden, bis sich der Sohn schließlich bei einem Besuch in Polen bei der Mutter zum Bleiben entschloss.
Hermann Lüdeking (alias Roman Roszatowski) berichtet aus der Sicht eines Betroffenen darüber, was die Verschleppung zur „Eindeutschung“ durch die Nazis für die geraubten Kinder bedeutete.
Christoph Schwarz (geraubte Kinder – vergessene Opfer e. V.) informiert über die Dimensionen des Kinderraubs in den besetzten Ländern und über die bis heute fortdauernde Weigerung des deutschen Staates, den Betroffenen Entschädigung zukommen zu lassen.
Prof. Christoph Koch ( Linguist an der FU Berlin und Vorsitzender der Deutsch-Polnischen Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland e. V) berichtet über die Geschichte des von ihm übersetzten Buches, das bereits 1971 in Polen veröffentlicht wurde und erst jetzt in der Bundesrepublik erscheint.
Gina Pietsch liest Auszüge aus dem Buch.
Montag, 17.Februar 2014, 18.30 Uhr
Ralf Bachmann liest aus seinem Buch – Die Bornsteins – eine deutsch jüdische Familiengeschichte
Was an der Wende zum 20. Jahrhundert wie eine Kleinstadtidylle beginnt, die Geschichte der Ansiedlung jüdischer Familien im vogtländischen Falkenstein, der Gründung ihrer Geschäfte, der hoffnungsvollen Zeichen des Sesshaftwerdens und eines bescheidenen Wohlstandes, endet in Katastrophen, als die Nazis an die Macht kommen. Die vier Kinder des Ehepaars Bornstein, der beiden ersten Juden in Falkenstein, erleiden nach 1933 alle Varianten jüdisch-deutschen Schicksals: Verlust der Existenzgrundlagen, Flucht ins Ausland, Leben in der Illegalität, Zwangsarbeitslager und Tod im Vernichtungslager. Ralf Bachmann, der jüngste lebende Enkel der Bornsteins erzählt in seinem Buch die dramatischen Geschehnisse und heiteren Episoden in Falkenstein und Lissa (Posen), Paris und Leipzig, Jerusalem und Meerane, Berlin und Haifa, Charleroi und bei der Odyssee der „St. Louis“ zwischen Hamburg und Havanna.
Ralf Bachmann, geboren 1929, arbeitete mehr als 60 Jahre als Journalist, war ADN-Korrespondent in Bonn und Prag und stellvertretender Regierungssprecher in der Regierung Modrow.
Montag, 20.Januar 2014, 18.30 Uhr
Dr.Wladislaw Hedeler zeichnet Stationen
Georgi Dimitroffs anhand seiner Tagebücher
Vor 80 Jahren, am 23. Dezember 1933, wurde das Urteil im Reichstagsbrandprozess verkündet. Der zum Tode verurteilte Marinus van der Lubbe wurde am 10. Januar 1934 hingerichtet. Die anderen Angeklagten – die bulgarischen Kommunisten Georgi Dimitroff, Blagoi Popow und Wassil Tanew sowie der deutsche Kommunist Ernst Torgler – wurden mangels Beweisen freigesprochen.
Zu den von Georgi Dimitroff im Tagebuch hervorgehobenen Daten gehören die erste Eintragung vom 9. März 1933, dem Tag seiner Verhaftung in Berlin, und der 21. September 1933, Beginn des Reichstagsbrandprozesses. Das Tagebuch bricht mit der Eintragung am 6. Februar 1949, Abreise zum Sanatoriumsaufenthalt in der Sowjetunion, ab.
Anfangs schrieb der Verfasser als illegal in Deutschland lebender Politemigrant und Komintern-Funktionär, bis zum 23. Dezember 1933 als Untersuchungsgefangener, dann als der vom Gericht Freigesprochene, als international gefeierter „Held von Leipzig“. In seiner Zeit als Generalsekretär der Komintern von 1935 bis zu ihrer Auflösung und zuletzt als Ministerpräsident Bulgariens zeigen sich darin auch die tragischen Haltungen zwischen Loyalität, Ergebenheit und innerem Widerspruch gegenüber dem stalinschen Terror.
Dr. Wladislaw Hedeler, Historiker und Publizist, übersetzte mit Birgit Schliewenz die im Aufbau-Verlag veröffentlichten Dimitroff-Tagebücher.
ANTIFA Jour fixe der Berliner VVN-BdA
Immer am 3. Montag des Monats
Immer um 18.30 Uhr
Immer im Café Sibylle,
Karl-Marx-Allee 72, 10243 Berlin