Antifa Jour Fixe | Jahr 2015

tucholsky1Montag |  21. Dezember 2015 | 18.30 Uhr
Gina Pietsch & Bardo Henning – WIR SIND AUCH NOCH DA
Ein Kurt Tucholsky-Abend

Drei Tage vor Heiligabend, am 21. Dezember 1935 war es, dass er starb, wahrscheinlich seinem Leben ein Ende setzte. Einen aufgehörten Dichter und aufgehörten Deutschen hatte er selber sich schon ein Dutzend Jahre zuvor genannt, schwer verständlich für uns, da er zu diesem Zeitpunkt in Deutschland noch ein wirklich erfolgreicher Dichter und Publizist war.

Die Kultur fängt da an, wo die Bankdirektors aufhören: bei der tätigen radikalen Politik, die die Welt nach oben reißen will, sagt er 1926 und tut das am erfolgreichsten mit Satire, Satire, die nach seinem Verständnis immer auf Seiten der Opposition steht, unabhängig von Parteien, aber mit unendlichem Hass auf Krieg und Militarismus und Spießertum und Dummheit und Kadavergehorsam und Hundehalter und Bankdirektoren und, und, und

 

schiemannMontag, 16. November 2015, 18.30 Uhr
Wissenschaft und Widerstand: Schiemann in der NS-Zeit

 Die Botanikerin und Genetikerin Elisabeth Schiemann (1881-1972) war eine der ersten Professorinnen in Deutschland. Sie war die anerkannte Forscherin und Gelehrte auf dem Gebiet der Geschichte der Kulturpflanzen. Als Genetikerin setzte sie ihre Fachkompetenz in der Kirche zur Aufklärung gegen die Rassenideologie der  Nazis ein und rief maßgebliche Theologen zu entschlossenerem Eingreifen gegen die Judenverfolgung auf.
Zusammen mit ihrer Schwester versteckte sie  mehrere Verfolgte. 1940 wurde sie aus politischen Gründen als Professorin von der Berliner Universität entlassen.
Die Gedenkstätte Yad Vashem ehrte sie mit dem Titel „Gerechte unter den Völkern“. Die Stadt Berlin lehnt ein Ehrengrab für die entschiedene Nazi-Gegnerin ab: Ein „fortlebendes Andenken in der allgemeinen Öffentlichkeit“ sei nicht feststellbar.
Die Historikerin Marina Voigt (Gedenkstätte Deutscher Widerstand) und der Mathematiker Reiner Nürnberg, dessen Mutter Schülerin und Mitarbeiterin von Elisabeth Schiemann war, stellen Facetten des Lebens und Wirkens einer außergewöhnlichen Frau vor.
Reiner Nürnberg, Ekkehard Höxtermann, Martina Voigt (Hrsg.): „Elisabeth Schiemann (1881-1972) – Vom AufBruch der Genetik und der Frauen in den UmBrüchen des 20. Jahrhundert

Ilsegret FinkMontag, 19. Oktober  2015, 18.30 Uhr
Ilsegret Fink
Vom Kreuzritter zum Ritterkreuz – Wie bewaffnete Christen die Bibel besiegten.

Die bittere Geschichte von Wirtschaftskriegen, die von Religionen bemäntelt wurden. Die Blutspur christlicher Heere, die von konkurrierenden Interessen christlicher Machthaber jahrhundertelang gegeneinander gehetzt worden sind, durchzieht nicht nur das christliche Abendland, sondern ebenso die Territorien kolonialer Eroberungen. Auch wenn „Heiliger Krieg“ weder in katholischer Dogmatik noch in evangelischen Bekenntnisschriften weder gelehrt noch geboten wurde, gelang es „geistlichen“ Repräsentanten aller Kirchenndurch tausend Jahre, anstehende Kriege mit „Gottes Wille“ und als „heilige Pflicht“ zu autorisieren, die Krieger, oft auch Fahnen und Waffen zu segnen, und mit unerbittlichen Zorn die Christen zu verfolgen, die Kriegsdienst verweigerten.

Die biblische Überzeugung, dass Friede Frucht von Gerechtigkeit ist und Menschen, weil sie Gottes Ebenbild sind, nicht getötet werden dürfen, erst recht nicht als „Menschenopfer“ für die „heilige Sache ‚Vaterland‘“, wurde mit Eroberungsphantasien unkenntlich gemacht.

Diese Religionskritik gehört deshalb zum Friedenskampf! Auch wenn es manchem schwer fällt einzusehen: „Gott mit uns“ auf deutschen Koppelschlössern war nicht nur Lüge, sondern Gotteslästerung! Es gibt viel Kritisches zu diskutieren… Ilsegret Fink Pfarrerin i. R. (83)

Ottomar Geschke spricht auf dem 1.Tag der Opfer des Faschismus am 9. September 1945 in Neukölln

Montag, 21. September 2015, 18.30 Uhr
“Vor 70 Jahren: Erster Tag der Opfer des Faschismus
„Euch der Lorbeer, unser die Pflicht“
Aus dem Leben des Antifaschisten und Kommunisten Ottomar Geschke

Im 70. Antifa Jour fixe der Berliner VVN-BdA erinnert der Historiker Lutz Heuer an Ottomar Geschke, der als KPD-Funktionär, am 28. Februar 1933 von den Nazis verhaftet, durch verschiedene Gefängnisse und KZs (Lichtenburg, Sonnenburg, Buchenwald, Sachsenhausen) geschleift wurde.

Nach seiner Befreiung am 1. Mai 1945 vom Todesmarsch vom KZ Sachsenhausen wurde er in Berlin als Stadtrat für Sozialwesen eingesetzt. Er war Vorsitzender des am 3. Juni 1945 konstituierten „Hauptausschusses Opfer des Faschismus“ und trug maßgeblich zur Gründung der VVN bei.Er war VVN-Vorsitzender in der SBZ seit ihrer Gründung 1947 bis zu ihrer Auflösung in der DDR 1953.

Propst Heinrich Grüber würdigte ihn mit den Worten: „Ich habe Geschke als einen sehr sozial denkenden Mann kennengelernt, der viel Verständnis für die Zusammenarbeit mit Menschen aus anderen Parteien und Weltanschauungen aufbrachte“.

Lutz Heuer, Aus dem Leben des Antifaschisten und Kommunisten Ottomar Georg Alexander Geschke, * 16.11.1882, Fürstenwalde, † 17.05.1957, Berlin-Ost, trafo verlag Berlin 2014, ISBN 978-3-86464-057-5, Preis 16,80€

 

friedländerMontag, 17. August 2015, 18.30 Uhr
Wer denkt denn an Schuhe?
Die Verbrechen der Wirtschaft  – der Fall Salamander

Mit Vera Friedländer (*1928) – ehemalige Zwangsarbeiterin bei Salamander

Vera Friedländer berichtet: Über Salamander spreche und schreibe ich nicht wegen der Zwangsarbeit, die ich für diese Firma leisten musste, sondern wegen der Schuhe, die dort täglich in großer Menge durch meine Hände liefen. Mir war klar, dass es Schuhe ohne Besitzer waren. Viele Jahre beschäftigte mich die Frage: Woher kamen die Schuhe? Inzwischen gibt es Forschungsergebnisse und geöffnete Archive und ich weiß nun, dass Salamander viel zu verantworten hat, nicht nur die Schuhe ohne Besitzer. Diese renommierte Schuhfabrik hat jüdisches Eigentum geraubt, war an der ‚ Schühprüfstrecke‘ im KZ Sachsenhausen beteiligt und hat Zwangsarbeiter ausgebeutet. Ich möchte vor allem mitteilen, wie der Firmenhistoriker mit der Geschichte von Salamander umging. Er machte, was heute allgemein üblich ist: Er hat die Nazi-Zeit ausgespart oder die Fakten geleugnet oder verfälscht.

 

mikisMontag, 20. Juli 2015, 18.30 Uhr
WEIL ICH MICH NICHT GESETZEN BEUGTE
Ein Mikis-Theodorakis-Abend über ein Leben in Liedern von Gina Pietsch (voc), mit Christine Reumschüssel (p)

Seine Lieder gingen um die Welt als Volkslieder. Sein „Zorbas”, den Anthony Quinn tanzt, scheint der Sirtaki schlechthin. Sein Name ist mit den Kämpfen des griechischen Volkes verbunden wie kein anderer. Sein Leben ist nachzulesen in einer Unzahl von Büchern. Und doch ist zu wenig, was wir wissen über ihn.

So erzählen Pietsch und ihre großartige neue Pianistin Christine Reumschüssel singend und spielend über ein Leben in Liedern, eben „weil er sich nicht Gesetzen beugte”

 

Montag, 15. Juni 2015, 18.30 Uhr „Du kannst die Zeit Dir nicht aussuchen, in der Du geboren wirst“
Die Bauhaus-Künstler Gerhard Moser und Erich Borchert im antifaschistischen Widerstand

 01-Gerhard Moser 1932  02-Erich Borchert, 1930er Jahre
Gerhard Moser, Zentralagitprop KPD und KJVD und
Erich Borchert in der Sowjetunion, 1930er Jahre

Das Bauhaus als deutsche Ausbildungsstätte der künstlerischen Avantgarde gilt als gut bekannt und erforscht. 1919 in Weimar gegründet und 1933 in Berlin geschlossen, hatte es in seiner Dessauer Zwischenzeit Politisierung nach innen und außen erfahren, besonders wirksam unter dem zweiten Direktor, dem Schweizer Architekten Hannes Meyer. 1930 entlassen ging er mit jungen Absolventen in die Sowjetunion, um dort am industriellen Aufbau mitzuwirken. Zugleich hielt Meyer Verbindung nach Westeuropa, darunter zu einer Gruppe junger Bauhaus-Kommunisten in Berlin, die aktiv Widerstand gegen die braune Diktatur leistete. Über diese Graphiker, Fotografen und Architekten wissen wir bis heute zu wenig.

Der Vortrag von Astrid Volpert rekonstruiert anhand von Selbstzeugnissen aus Familiennachlässen sowie Dokumenten deutscher und russischer Archive das spannende kurze Leben und Werk der befreundeten Bauhaus-Maler und Kommunisten Gerhard Moser (1908-1939) und Erich Borchert (1907-1944), die den Nationalsozialismus bis zu ihrem Tod im Moskauer Untersuchungsgefängnis bzw. im kasachischen Gulag bekämpften.

 

benjaminsMontag, 18. Mai2015, 18.30 Uhr
„Eine deutsche Familie – Die Benjamins“
Lesung mit Uwe-Karsten Heye, Journalist.

Er arbeitete als Redenschreiber für Willy Brandt, war Regierungssprecher von Gerhard Schröder engagiert sich heute vor allem gegen Rechtsradikalismus.

Zu den großen deutschen Familien gehören die Benjamins. Das Buch „Eine deutsche Familie – Die Benjamins“ beschreibt in einer Zeitreise durch das 20. Jahrhundert fünf Schicksale dieser Familie und stützt sich dabei auch auf bislang unveröffentliche Dokumente, Briefe und Berichte von Zeitzeugen. Diese Familiengeschichte ist reich an Konflikten und Tragödien und der Versuch, ein Gesamtbild dieser deutsch-jüdischen Familie über fünf Generationen zu zeichnen. Damit ist dem Autor eine höchst lesenswerte und beeindruckende Familiengeschichte der Benjamins gelungen.

 

volkmar

Volkmar 1943, ein Jahr vor seiner Verhaftung

Montag, 20. April 2015, 18.30 Uhr
„Ich war achtzehn“
Gespräch mit Volkmar Harnisch anlässlich des 70. Jahrestages seiner Entlassung aus dem faschistischen Gefängnis

Ironie der Geschichte: Am 8. Mai 1944 wurde der damals noch 17-jährige, auf dem Dorf wohnende Gymnasiast gemeinsam mit seinem Vater von der Gestapo abgeholt, am 20. April 1945 erhielt er vom Gefängnisdirektor in Hoheneck seine Entlassungspapiere „auf Probe“ und machte sich auf den Weg nach Hause. Dazwischen lagen Untersuchungshaft, Anklage und ein Prozess, der wundersamerweise nicht mit Todesurteilen endete, und seither Einzelhaft.

Nichts Ungewöhnliches also für einen, der die Nazis verabscheute, sich mit Gleichgesinnten zusammentat, Solidarität mit Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen übte und unter den Klassenkameraden vorsichtig gegen Wehrmacht und Krieg argumentierte – und doch eine große Bewährungsprobe für Mut und Stärke eines jungen Menschen.

 

 

heinermaerzMontag, 16. März 2015, 18.30 Uhr
Miteinander reden – Heinrich Fink zum 80.
Im Gespräch mit Gina Pietsch “Solange Menschen miteinander reden können, gehen sie menschlich miteinander um.”

Das ist einer der vielen wichtigen Sätze des weithin bekannten Theologen und Wissen- schaftlers Professor Heinrich Fink, erster frei gewählter Rektor der Humboldt-Universität Berlin zwischen 1990 und 1992. Als man ihn mit perfiden Methoden „abwickelte“ – und mit ihm allein an der Wirtschafts- wissenschaftlichen Fakultät 180 Hochschullehrer –, gab es Proteste von allen Seiten, von Künstlern, Kollegen und zuvörderst Studenten. „Unsern Heiner nimmt uns keiner“, skandierten die. Er wurde ihnen genommen, aber er zog sich nicht zurück. Seine vielen Funktionen ließen das gar nicht zu,aber die eigentliche Triebkraft ist in ihm – als Antifaschist, Pazifist, Christ und Sozialist. Er ist der Ehrenvorsitzende unserer VVN-BdA.

Und am 31. März wird er 80 Jahre: Den vielen, die dann mit ihm reden wollen, möchten wir zuvorkommen. Denn er ist ein Mensch, der große Achtung und Sympathie genießt, errungen durch Standhaftigkeit, Klugheit und Freundlichkeit.

 

trollmannMontag, 16. Februar 2015, 18.30 Uhr
Die Geschichte  des Johann  Rukelie Trollmann
Stefanie Bart liest aus ihrem Buch „Deutscher Meister“.

Johann Rukelie Trollmann war ein talentierter, unkonventionell kämpfender Boxer und charismatischer Publikumsliebling. Am 9. Juni 1933 gewinnt er seinen Kampf um die Deutsche Meisterschaft. Eine Woche später erkennen die Nazis ihm seinen Titel wieder ab. Die Funktionäre hassen ihn, denn er ist Sinto. Der Wiederholungskampf wird zur Farce. Stefanie Bart schildert in ihrem Roman die Ereignisse im Sommer 1933 und beschreibt, wie SA, Funktionäre und Presse alles tun, um Johann Rukelie Trollmanns Karriere zu zerstören und ihn endgültig „auf die Bretter zu schicken“.1944 wird er im KZ Wittenberge ermordet.

Begleitet wird Stefanie Bart von Rita Vowe, die über ihren Vater Johann Rukelie Trollmann berichten wird.

 

muzeum-martyrologii-300x225Montag, 19. Januar 2015, 18.30 Uhr
70 Jahre nach dem Massaker
Słońsk: Wiedereröffnung des Museums zum KZ und Zuchthaus Sonnenburg

In Sonnenburg, heute Slonsk in Polen, östlich von Kostrzyn (Küstrin), richteten die Nazis im April 1933 eines der ersten KZs ein, in das u. a. die nach dem Reichstagsbrand inhaftierten Antifaschisten transportiert und dort gequält wurden. Nach Schließung des KZs 1934 wurde das Lager wieder Zuchthaus. Während des Krieges kamen neben politischen Gefangenen auch über tausend Häftlinge aus Westeuropa dorthin, die in Nacht-und-Nebel-Aktionen gefangen wurden. Am 30. Januar 1945, wenige Stunden vor dem Eintreffen der Roten Armee, massakrierte ein SS-Kommando die letzten, mehr als 800 verbliebenen Häftlinge.

Am 30. Januar 2015, dem 70. Jahrestag des Massakers, wird das daran erinnernde Museum in Slonsk nach Renovierung wiedereröffnet. An der neuen Ausstellung hat ein Arbeitskreis der Berliner VVN-BdA maßgeblich mitgearbeitet.

Hans Coppi und Klaus-Frieder Böhne berichten über das Projekt, stellen die Ergebnisse vor und lassen Nachkommen der Inhaftierten zu Wort kommen.

 

antifa – jour fixe Ein Abend mit der Berliner VVN-BdA …

…immer am 3. Montag im Monat, immer im Café Sibylle,

immer ab 18.30 Uhr