75 Jahre nach der Pogromnacht 1938
24. Oktober 2013
Kein Vergessen! Kein Vergeben!
Gegen Antisemitismus und Rassismus in Deutschland, Europa und überall!
Gedenkkundgebung und antifaschistische Demonstration.
9. November 2013, 17.00 Uhr, Deportationsmahnmal in der Levetzowstraße (Ecke Jagowstraße) in Moabit.
Mit den Zeitzeug_innen Ralf Bachmann und Andrée Leusink. / Andrée Leusink ist leider erkrankt. Wir freuen uns aber sehr, dass sie von Horst Selbiger, dem Ehrenvorsitzenden der „Child Survivors Deutschland“ vertreten wird.
Am helllichten Tag und unter aller Augen …
In diesem Jahr jähren sich die ersten Deportationen aus Berlin zum 72. Mal. Am 18.Oktober 1941 verließ vom Gleis 17 des Bahnhofs Grunewald der erste Deportationszug Berlin inn Richtung des Ghettos Litzmannstadt/Lodz. Knapp ein Jahr später ab August wurden diese vom Bahnhof an der Putlitzbrücke in Moabit fortgesetzt. Daher rufen wir seit 1990, so auch in diesem Jahr, zu einer Gedenkkundgebung am Mahnmal an der ehemaligen Synagoge in der Levetzowstraße in Moabit auf. In den letzten Jahren haben sich regelmäßig viele hundertn Menschen an unserer Kundgebung und der anschließenden Demonstration beteiligt. Sie orientiert sich dabei an dem Weg, den die Juden_Jüdinnen vom Sammellager in der Levetzowstraße zum Deportationsbahnhof an der Putlitzbrücke am helllichten Tag unter aller Augen gehen mussten. Von den Gleisen 69, 81 und 82 aus wurden 30.000 Berliner Juden_Jüdinnen in die Vernichtungslager deportiert, unter ihnen 1800 Menschen aus Moabit.
Vor 70 Jahren, am 19. April 1943, erhoben sich die im Warschauer Ghetto die Kämpfer_innen der Jüdischen Kampforganisation (ŻOB), des Jüdischen Militärverbandes (ŻZW) und anderen unabhängigen Gruppen, wie die um Moses den Bolschewiken, gegen die deutschen Mörder. Über Warschau flatterte die Fahne mit dem Davidstern zusammen mit der polnischen Fahne. Am 2. August 1943 erhoben sich die Häftlinge im Vernichtungslager Treblinka und am 14. Oktober 1943 im Vernichtungslager Sobibór. “Zum ersten Mal geriet der Mythos der unangreifbaren und allmächtigen Deutschen ins Wanken,” sagte dazu Marek Edelman, einer der Anführer der ŻOB, “dies war der Wendepunkt”. 1942 hatte Reichspropagandaministers Josef Goebbels, verkündet: „Ob Deutschland siegt oder unterliegt, die Juden werden ausgemerzt!“
Das genaue Ausmaß der Vernichtung und des Widerstands dagegen ist weiter unüberschaubar und so sind es die Details, die den Schrecken aber auch das Heldentum erahnen lassen. So bleibt uns zum Beispiel Phillip Bialowitz, der uns am 9. September 2013 in Berlin zum Tag der Erinnerung und Mahnung besucht hat, in Erinnerung: Er nahm mit seinem Bruder Symcha mit sechzehn Jahren am Aufstand der Häftlinge in Sobibor teil. Zuvor war seine gesamte Familie aus dem Städtchen Izbica in Ostpolen von den Nazis ermordet worden.
Diese Zeitung und unsere Gedenkkundgebung und Demonstration am 9. November sind ein kleiner, aber entschiedener Gegenpart zu den deutschen Zuständen. Antisemitismus, Rassismus und Nationalismus gehören in Deutschland keineswegs der Vergangenheit an. Den Betroffenen damals und heute gilt unsere Solidarität.
Die Erinnerung an die deutschen Verbrechen, den Holocaust, wachzuhalten, daran zu erinnern dass eine Mehrheit der Deutschen den Verbrechen zustimmte ist eines unserer Anliegen. Darauf hinzuweisen, dass auch heute oft Ablehnung, Mitleidlosigkeit und Hass, z.B. gegen Flüchtlinge, in unserer Gesellschaft herrschen, wie jüngst bei den Ereignissen um neuen Flüchtlingsunterkünfte in Hellersdorf, Neukölln und anderen Orten in Berlin, ist ein weiteres Anliegen.
Wir freuen uns, dass wir Ralf Bachmann als Zeitzeugen und Überlebenden des Naziterrors bei uns am 9.November begrüßen dürfen. Er wurde 1929, als Sohn einer jüdischen Mutter im sächsischen Crimmitschau geboren, wuchs unter ärmlichen und schwierigen Verhältnissen in Leipzig und Grimma auf. Er stammt aus einer weitverzweigten deutsch-jüdischen Familie, sein Vater wurde als Sozialdemokrat. seine Mutter als Jüdin von den Nazis verfolgt. Er arbeitet(e) als Journalist und Schrifsteller. Bachmann war 1989 Mitbegründer des Jüdischen Kulturvereins in Berlin.
Wir freuen uns, dass uns Andrée Leusink als Zeitzeugin und Überlebende des Naziterrors zum zweiten Male besucht. Sie überlebte als verstecktes Kind den Holocaust in Frankreich und der Schweiz. Heute ist sie aktiv in der antifaschistischen Bewegung, darunter den „Child Survivors Deutschland – Überlebende Kinder der Shoah“ und der VVN-BdA Berlin-Pankow.
Für die musikalische Unterstützung sorgt die Gruppe Zhetwa.
AIM / Antifaschistische Initiative Moabit, Berliner VVN-BdA und weitere Unterstützer_innen im Oktober 2013
Hier gibt es unsere Zeitung mit dem Aufruf zum 9. November 2013 zum ansehen und download >>>