Offener Brief: Am 27. Januar 2024 – Kein Gedenken an die Opfer des Naziregimes zusammen mit der AfD!

8. Januar 2024

Protestkundgebung gegen AfD Teilnahme Parkfriedhof Januar 2020

Januar 2019 / 2024

Im Januar 2019 veröffentliche die Berliner VVN-BdA einen offenen Brief an die demokratische Öffentlichkeit Berlins, die demokratischen Politiker*innen auf Landesebene, die Bezirksbürgermeister*innen, die demokratischen Stadträt*innen und BVV-Fraktionen, an alle, die bezirkliche und städtische Gedenkveranstaltungen ausrichten: Am 27. Januar – kein Gedenken an die Opfer des Naziregimes zusammen mit der AfD! Laden Sie die rechtspopulistischen und rechtsextremen Feinde der Demokratie nicht ein, sondern laden Sie sie aus! Nutzen Sie Ihre vielfältigen politischen Möglichkeiten zur klaren Positionierung in der Erinnerungskultur! Es liegt in Ihrer Hand.

Nach der Wahl des ersten AfD Oberbürgermeisters, Tim Lochner, im sächsischen Pirna im Dezember 2023, grenzt sich der Stiftungschef der NS-Gedenkstätte dort, Markus Pieper, klar ab:

„Wir möchten keine Kränze der AfD. (…) die Positionen der AfD (stehen) im krassen Gegensatz zu unserem gesetzlichen Auftrag. Klar ist: Wir werden mit der AfD nicht zusammenarbeiten. Es ist unser Auftrag, an Geschichte und Verbrechen zu erinnern, an die Shoa, rassistische Politik, die Ermordung politischer Gegner – auch in dem Sinne, dass sich so etwas nicht wiederholt. Wir müssen daran mitwirken, die Gesellschaft gegen Rassismus und Antisemitismus zu wappnen.“

Richtig, dass sollte die Aufgabe der Politik und Zivilgesellschaft sein. Wir möchten deshalb unseren Brief erneut veröffentlichen, dem Text von 2019 ist eigentlich nichts hinzuzufügen.

Berlin, Januar 2019 / 2024

Am 27. Januar – Kein Gedenken an die Opfer des Naziregimes zusammen mit der AfD!

Die Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) wurde von Menschen gegründet, die den Nazismus als Negation der Demokratie und der Menschenwürde, als Regime des Massenmordes erlitten und gegen ihn Widerstand geleistet hatten. Den Überlebenden der Verfolgung aus rassistischen und politischen Gründen, der millionenfachen Vernichtung jüdischer Menschen sowie der Sinti und Roma, und auch den Nachkommen der Verfolgten und Widerstandskämpfer*innen fühlen wir uns verpflichtet. Bis heute sind die letzten Überlebenden der Naziverfolgung und ihre Nachkommen ein beträchtlicher Teil unserer Mitgliedschaft.

Deshalb appellieren wir an die demokratische Öffentlichkeit Berlins, die demokratischen Politiker*innen auf Landesebene, die Bezirksbürgermeister*innen, die demokratischen Stadträt*innen und BVV-Fraktionen, an alle, die bezirkliche und städtische Gedenkveranstaltungen ausrichten: Am 27. Januar – kein Gedenken an die Opfer des Naziregimes zusammen mit der AfD! Laden Sie die rechtspopulistischen und rechtsextremen Feinde der Demokratie nicht ein, sondern laden Sie sie aus! Nutzen Sie Ihre vielfältigen politischen Möglichkeiten zur klaren Positionierung in der Erinnerungskultur! Es liegt in Ihrer Hand.

Lea Rosh, die Vorsitzende des Förderkreises Denkmal für die ermordeten Juden Europas e.V., gab am 9. November 2018 ein nachdrückliches Beispiel. Sie hinderte den Vertreter der AfD daran, sich am Gedenken zu beteiligen. Unerträglich und schmerzhaft ist es, dass die überlebenden Opfer des NS, ihre Kinder und Enkel in ihrer Trauer von Vertreter*innen einer Partei gestört werden, die Nazis, Antisemit*innen und Geschichtsfälscher*innen in ihren Reihen duldet. Ermöglichen Sie den Überlebenden und ihren Nachkommen ein würdiges Gedenken.

Die AfD nutzt ihre Teilnahme an Gedenkveranstaltungen, um sich als vermeintlich ganz normale demokratische Partei darzustellen. Gleichzeitig führt sie einen fundamentalen Angriff auf die Erinnerungskultur in Deutschland. In der kritischen Aufarbeitung der deutschen Geschichte sehen die rechtsextremen und rechtspopulistischen Kräfte nur ein Hindernis auf dem Weg zu neuer nationaler Größe. Im Grundsatzprogramm der AfD heißt es: „Die aktuelle Verengung der deutschen Erinnerungskultur auf die Zeit des Nationalsozialismus ist zugunsten einer erweiterten Geschichtsbetrachtung aufzubrechen, die auch die positiven, identitätsstiftenden Aspekte deutscher Geschichte mit umfasst.“ Was die AfD damit meint, hat Björn Höcke deutlich gemacht, als er im Januar 2017 in Dresden eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad” für Deutschland forderte. Laut Alexander Gauland, Fraktionsvorsitzender der AfD im Bundestag, werde die AfD „nicht nur unser Land, sondern auch unsere Vergangenheit zurückzuholen” und „die Deutschen“ hätten überdies das Recht, stolz zu sein auf „Leistungen deutscher Soldaten in zwei Weltkriegen“. Für ihn sei die Zeit des NS-Regimes nur ein „Vogelschiss” in der deutschen Geschichte.

Für die AfD ist ihr geschichtsrevisionistischer Angriff von zentraler Bedeutung zur Aushöhlung der offenen Gesellschaft und deren schrittweise Transformation in einen autoritären Obrigkeitsstaat. Demokrat*innen sollten diesen Angriff entschlossen zurückweisen, gerade am 27. Januar, dem Tag des Gedenkens an die Opfer des NS, dem internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocausts, dem Jahrestag der Befreiung des deutschen Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau durch die Rote Armee.

Wir appellieren noch einmal an Sie: Laden Sie die AfD vom Gedenken aus!

Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten e.V. (Berliner VVN-BdA e.V.)