9.November , 17 Uhr, Mahnmal Levetzowstraße in Moabit
Gedenkkundgebung mit Zeitzeug’innen und antifaschistische Demonstration
Kein Vergessen, kein Vergeben
77 Jahre nach der Reichspogromnacht-
Solidarität mit den Opfern des deutschen Antisemitismus und Rassismus
Am helllichten Tag und unter aller Augen …
In diesem Jahr jähren sich die ersten Deportationen aus Berlin zum 74. Mal. Am 18. Oktober 1941 verließ vom Gleis 17 des Bahnhofs Grunewald der erste Deportationszug Berlin in Richtung des Ghettos Litzmannstadt/Lodz.Knapp ein Jahr später, ab August 1942, wurden diese vom Bahnhof an der Putlitzbrücke in Moabit fortgesetzt. Daher rufen wir seit 1990, so auch in diesem Jahr, am Jahrestag der Pogromnächte von 1938, zu einer Gedenkkundgebung am Mahnmal an der ehemaligen Synagoge in der Levetzowstraße in Moabit auf. In den letzten Jahren haben sich dort am 9. November regelmäßig viele hundert Menschen an unserer Kundgebung und der anschließenden Demonstration beteiligt.
Die Demonstration orientiert sich dabei an dem Weg, den die Juden*Jüdinnen vom Sammellager in der Levetzowstraße zum Deportationsbahnhof an der Putlitzbrücke unter den Augen der Bevölkerung gehen mussten. Von den Gleisen 69, 81 und 82 aus wurden 30.000 Berliner Juden*Jüdinnen in die Vernichtungslager deportiert, unter ihnen 1.800 Menschen aus Moabit. Wir werden auf unserer Demonstration an verschiedenen Orten an jüdische Mitbürger*innen erinnern.
Moabit ist heute ein Ort behördlicher Gängelung von Flüchtlingen durch Sondergesetze sowie schwieriger Lebensverhältnisse und der Ausgrenzung in Sammelunterkünften. Auch davon wird auf unserer Demonstration die Rede sein.
Die Gedenkkundgebung und Demonstration am 9. November sind ein kleiner, aber entschiedener Gegenpart zu den deutschen Zuständen. Antisemitismus, Antiziganismus, Rassismus und Nationalismus gehören in Deutschland keineswegs der Vergangenheit an. Den Betroffenen damals und heute gilt unsere Solidarität. Die Erinnerung an die deutschen Verbrechen, den Holocaust, wachzuhalten, daran zu erinnern, dass eine Mehrheit der Deutschen den Verbrechen zustimmte, ist unserer Anliegen. Darauf hinzuweisen, dass auch heute oft Ablehnung, Mitleidlosigkeit und Hass gegen Flüchtlinge in unserer Gesellschaft herrschen, wie bei den rassistischen Protesten gegen Flüchtlingsunterkünfte in Deutschland, ist uns ebenso wichtig. Es erschüttert uns, dass Jüdinnen*Juden und Sintiza*Sinti und Romnija*Rroma nach wie vor Ablehnung, Ausgrenzung und Hass ausgesetzt sind.
Wir freuen uns, dass uns Andrée Leusink (* 14. Mai 1938 in Frankreich) als Zeitzeugin und Überlebende des Naziterrors zum wiederholten Male besucht. Sie überlebte als verstecktes Kind den Holocaust in Frankreich, wohin sich ihre Eltern vor den Nazis geflüchtet hatten und in der Schweiz. Heute ist sie aktiv in der antifaschistischen Bewegung, darunter den „Child Survivors Deutschland – Überlebende Kinder der Shoah“ und der VVN-BdA Berlin-Pankow.
Wir freuen uns auch Peter Neuhof (* 30.Juli 1925) begrüßen zu können.Peter Neuhof war acht Jahre alt als die Nazis in Deutschland an die Macht kamen. Seine Eltern, beide Mitglieder in der KPD, engagierten sich von Anfang an gegen die Nazis und halfen u.a. gesuchten Genoss*innen beim Untertauchen. Sein Vater Karl Neuhof wurde als jüdischer Kommunist von den Nazis ermordet, seine Mutter Gertrud Neuhof überlebte das KZ Ravensbrück und wurde auf dem Todesmarsch von der Roten Armee befreit. Er selber sagt von sich:“ Es waren so unwahrscheinliche Glücksumstände, dass ich in dieser fürchterlichen Zeit überlebt habe.“ Peter ist Mitglied in der Berliner VVN-VdA. Für die musikalische Unterstützung sorgt die Gruppe „Zhetwa“.
Unterstützende Gruppen: Autonome Neukoellner Antifa [ANA], Andere Zustaende ermoeglichen [aze], Berliner VVN-BdA