Ein starkes Herz hörte auf zu schlagen: Nachruf auf Günter Pappenheim (1925 – 2021)

1. April 2021

1. April 2021

Mit großer Trauer mussten wir erfahren, dass Günter Pappenheim, Überlebender des KZ Buchenwald, erster Vizepräsident des Internationalen Komitees Buchenwald-Dora und Kommandos, Vorsitzender der Lagerarbeitsgemeinschaft Buchenwald-Dora, jahrzehntelang Mitglied der VVN und ihrer Nachfolgeverbände und Mitglied des Ehrenpräsidiums der FIR im Alter von 95 Jahren verstorben ist.

Aufgewachsen in einer sozialdemokratisch geprägten Familie, musste er bereits 1934 erleben, dass die Nazis seinen Vater wegen seiner antifaschistischen Haltung im Moorlager Neusüstrum ermordeten. Er selber wurde als Jugendlicher verhaftet und in das KZ Buchenwald verschleppt. Sein „Verbrechen“: Er hat für französischen Zwangsarbeitern heimlich die Marseilles auf einer Mundharmonika gespielt. Gemeinsam mit seinen Kameraden sprach er am 19. April 1945 auf dem Appellplatz den „Schwur von Buchenwald“, der ihm Zeit seines Lebens die politische Richtschnur war: „Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln, Schaffung einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit“.

Für ihn war es nur folgerichtig, dass er im August 1947 Mitglied in der in der SBZ neugegründeten Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) wurde. Er war damit eines der letzten noch lebenden Gründungsmitglieder der VVN und blieb der Organisation bis zur Auflösung im Februar 1953 in der DDR verbunden. Auch auf anderen Ebenen setzte er sich für einen antifaschistisch-demokratischen Neubeginn in der SBZ und später der DDR ein, so im Komitee der antifaschistischen Widerstandskämpfer der DDR.

Nach dem Ende der DDR blieb er seiner antifaschistischen Überzeugung treu. Er schloss sich schon 1990 dem „Interessenverband ehemaliger Teilnehmer am antifaschistischen Widerstand, Verfolgter des Naziregimes und Hinterbliebener“ (IVVdN) an und setzte sich beharrlich dafür ein, dass die Frauen und Männer aus Widerstand und Verfolgung gemeinsam mit jungen Antifaschisten auf Augenhöhe mit den Antifaschisten aus den westlichen Bundesländern zusammenarbeiteten. Gerade wegen der politischen Angriffe auf die Gedenkstätte Buchenwald sah er die Notwendigkeit dieses engen Zusammenwirkens, um das antifaschistische Vermächtnis der Überlebenden zu bewahren.

Als sich im Oktober 2002 im Vereinigungskongress der IVVdN, der BdA und die VVN-BdA zusammenschlossen, war er dabei und vertrat als Vorsitzender die Lagerarbeitsgemeinschaft Buchenwald-Dora im Bundesausschuss der nun gesamtdeutschen Organisation. In Veranstaltungen, bei Beratungen in Buchenwald und anderen Gelegenheiten wurde sichtbar: Günter Pappenheims Stimme hatte Gewicht in den öffentlichen Auseinandersetzungen um das Gedenken an den gemeinsamen Kampf der Häftlinge von Buchenwald. Das wurde – selbst unter Corona-Bedingungen – zum 75. Jahrestag der Selbstbefreiung des KZ Buchenwalds am 11. April 1945 erneut deutlich. 

Geehrt wurde er zuerst im Ausland. Die FIR ernannte ihn zum Mitglied des Ehrenpräsidiums. Der französische Staat ernannte ihn zum Ritter der Ehrenlegion. Erst in den letzten Jahren erfuhr er diese Anerkennung auch in der BRD. Er erhielt den Verdienstorden des Landes Thüringen und in seinem letzten Lebensjahr wurde er noch Ehrenbürger der Stadt Weimar.

Mit seinem Tod geht ein weiteres Gründungsmitglied unseres antifaschistischen Verbandes, der der antifaschistischen Organisation fast 75 Jahre verbunden war. Seine Stimme wird uns bei der Bewahrung des Vermächtnisses der Überlebenden fehlen.

Wir drücken seiner Frau Margot, seiner Tochter Gertrud, seinen Kameradinnen und Kameraden, seinen politischen Weggefährten unser tiefes Mitgefühl aus. Er bleibt unvergessen.

Ulrich Schneider, Bundessprecher der VVN-BdA

Finanzamt rudert zurück – VVN-BdA ab 2019 wieder gemeinnützig!

25. März 2021

Gemeinnützigkeit

Pressemitteilung: Finanzamt rudert zurück – VVN-BdA ab 2019 wieder gemeinnützig!

Der erste Schritt ist getan: Über unsere Anwälte erreichte uns heute die Mitteilung des Finanzamtes für Körperschaften I in Berlin für das Jahr 2019: die VVN-BdA ist wieder gemeinnützig.

Das ist ein gutes und wichtiges Signal für den Antifaschismus in diesem Land!

Zur Begründung teilt das Finanzamt mit, die Gemeinnützigkeit könne „nach eingehender Prüfung“ gewährt werden, da die Bundesvereinigung der VVN-BdA im Jahr 2019 im Verfassungsschutzbericht des bayerischen Geheimdienstes nicht mehr als „extremistische Organisation“ eingestuft sei. Aufgrund der geänderten Einstufung stehe der Paragraph 51 der Abgabenordnung der Anerkennung der Gemeinnützigkeit „nicht im Wege“.

Die VVN-BdA wertet das als Signal, dass die Vernunft siegen wird und wir sind jetzt zuversichtlich, bald auch eine positive Nachricht für die Jahre 2016-18 zu erhalten. 

An dieser Stelle bedanken wir uns schon einmal bei allen, die uns bei dieser schwierigen und langen Auseinandersetzung unterstützt haben! Durch die große Solidarität, die verstärkte Öffentlichkeit und den lauten Protest von Vielen wurde deutlich, welche Bedeutung die VVN-BdA in diesem Land bis heute innehat, und dass Antifaschismus eine  breite gesellschaftliche Basis hat.

Gemeinsam sind wir stark!

Für Presseanfragen stehen wir gerne zur Verfügung.

Kontakt:
Hannah Geiger (Pressereferentin VVN-BdA)
presse@vvn-bda.de
Mobil |Mobile +49 (0)178 2785958
Telefon (+49) 030-55579083-4
Telefax (+49) 030-55579083-9

Save the date: Online-Veranstaltungsreihe zur Gemeinnützigkeit!

19. März 2021

Welche Hintergründe hat der Entzug der Gemeinnützigkeit? Was sind historische Beispiele von Repression gegen die VVN-BdA und wen schützt eigentlich der Verfassungsschutz? Organisiert von der Bundesvereinigung der VVN-BdA, der bayerischen Landesvereinigung und der BO Friedrichshain-Kreuzberg gehen wir diesen Fragen in einer spannenden Veranstaltungsreihe nach. Dazu haben wir interessante Gäste eingeladen, die in vier Zoom-Webinaren mit uns diskutieren werden.

Zoom-Einladung:

Um an der ersten Veranstaltung am 25. März um 20 Uhr teilzunehmen, bitte auf den nachfolgenden Link klicken:
https://zoom.us/j/93272916346…
Kenncode: 003644
Oder mit einem Fingertipp auf dem iPhone :
Deutschland: +496950502596,,93272916346#,,,,*003644# or
+496971049922,,93272916346#,,,,*003644#
Oder Telefon:
Wählen:
Deutschland: +49 695 050 2596 or +49 69 7104 9922 or +49 30
5679 5800 or +49 69 3807 9883
Webinar-ID: 932 7291 6346
Kenncode: 003644
Verfügbare internationale Nummern: https://zoom.us/u/adDuHakazE

Pressemitteilung „Kein Freistellungsbescheid zur Gemeinnützigkeit jetzt auch für Berliner VVN-BdA e.V?“

5. März 2021

Pressemitteilung der Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten e.V. [Berliner VVN-BdA e.V.] – 3. März 2021

Auskunft vom Finanzamt: „Sie wissen schon warum.“

Hat Senator Kollatz die Kontrolle über seine Verwaltung verloren?

Seit Herbst 2020 liegen dem Berliner Finanzamt für Körperschaften I alle Unterlagen vor, die im Rahmen der Steuererklärung einzureichen waren, um die Anerkennung der Gemeinnützigkeit der Jahre 2017 – 2019 für die Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten zu prüfen. Nun, Monate später, erfolgte erst auf Nachfrage die mündliche Mitteilung, dass ein Bescheid zwar existiere, aber der Berliner VVN-BdA nicht zugesandt werden dürfe. O-Ton Finanzamt: „Sie wissen schon warum.“

„Nein wir wissen nicht warum.“ konstatiert Markus Tervooren, Geschäftsführer der Berliner VVN-BdA und führt aus: „Die Berliner VVN-BdA wird in keinem Verfassungsschutzbericht erwähnt, welche die einzige Grundlage für die Ausführungsbestimmungen der Finanzämter bezüglich der Anerkennung oder Verweigerung der Gemeinnützigkeit für Vereine bilden. Wir fragen uns also welche anderen Gründe es für das Verhalten des Berliner Finanzamtes geben kann. Schon die Aberkennung der Gemeinnützigkeit des Bundesvereinigung der VVN-BdA aufgrund haltloser Behauptungen des bayrischen(sic!) VS ist schon ein nicht hinnehmbarer Skandal. Dehnt das Finanzamt dieses Vorgehen jetzt eigenmächtig auch auf weitere Vereinigungen aus?“

Tervooren erklärt weiter: „Wir verstehen nicht, weshalb unter einer Rot-Rot-Grünen Regierung in Berlin die Gemeinnützigkeit der Berliner VVN-BdA überhaupt zur Disposition steht. Schließlich haben uns Vertreter*innen der Parteien der Koalition dankenswerterweise immer wieder versichert, es gäbe keinerlei Probleme für die Berliner VVN-BdA. Schließlich hat auch Manuela Schmidt, Vizepräsidentin des Abgeordnetenhauses und Haushälterin der Berliner LINKEN, uns immer wieder signalisiert und jüngst gegenüber dem Tagesspiegel bestätigt, dass Finanzsenator Matthias Kollatz ihr dies versichert habe. Gleichlautende Signale gab es auch im vergangenen Jahr von Vertreter*innen der SPD-Fraktion. Vielleicht sollten die Koalitionsparteien mal miteinander reden?

Es ist nicht das erste Mal, dass das Berliner Finanzamt im Zusammenhang mit der VVN-BdA ein fragwürdiges Verhalten an den Tag legt. Neben der bisher immer noch nicht erfolgten Anerkennung der Gemeinnützigkeit für die Bundesvereinigung, musste 2020 auch die Kreisvereinigung der VVN-BdA Pankow lange um die Anerkennung ihrer Gemeinnützigkeit bangen. Wie die Berliner VVN-BdA wird die Pankower Kreisvereinigung in keinem Verfassungsschutzbericht des Bundes oder der Länder erwähnt.

Für die Berliner VVN-BdA bedeutet die momentane Situation eine ungemeine Unsicherheit, da z.B. nicht klar ist, ob und für welchen Zeitraum noch Spendenbescheinigungen ausgestellt werden dürfen oder unser Verein von der Körperschaftsteuer befreit ist. Die finanzielle Basis unsererer Arbeit ist damit bedroht. Diese Unsicherheit kommt für die älteste antifaschistische Organisation in Berlin zur Unzeit. Die Blockadehaltung des Berliner Finanzamtes kommt letztlich nur der AfD und anderen rechten und faschistischen Organisationen zugute. „Von der AfD und ihren Kumpanen sind wir ein solches Verhalten gewohnt, besonders in Marzahn-Hellersdorf stehen aktive Antifaschistinnen und Antifaschisten gerade wieder im Fadenkreuz der Rechten.“ meint Markus Tervooren, „dass allerdings die Berliner Verwaltung unter einem Rot-Rot-Grün geführten Berliner Senat die Kampagne der AfD mittelbar zu unterstützen scheint ist für uns neu.“

Wir fragen uns deshalb – was ist faul im Berliner Finanzamt? Und welche Rolle spielt der Finanzsenator “

Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Berlin, 03.03.2021

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