Wir trauern um Kurt Hillmann (1933 – 2025)
5. März 2025

„Also, alles war so ziemlich jüdisch und revolutionär dazu! (…) Natürlich sollte ich einen Stern tragen, aber mein Vater hat gesagt: Dat wird nischt getragen!“
Kurt Hillmann in einen Interview über seine Familie und Kindheit in Berlin
Liebe Freund*innen,
wir trauern unser Mitglied, unseren Freund und Kameraden Kurt Hillmann. Er ist am Freitag, dem 28. Februar 2025 gestorben.
Kurt wurde 1933 als Sohn einer jüdischen Polin und eines Deutschen in Berlin geboren. Prägend für ihn waren seine frühen Erfahrungen mit Antisemitismus und den anderen Verbrechen der Nazis. Auf dem Schulweg wird er regelmäßig von Mitgliedern der Hitlerjugend verprügelt. Aber auch Solidarität und Widerstand prägten schon seine Kindheit. In ihrer Wohnung in der Nähe des Alexanderplatzes bringt die Familie, sein Vater ist Kommunist, regelmäßig Verfolgte unter. Der blonde kleine Kurt Hillmann begleitet die jüdischen Bekannten mit dem Zug aus der Stadt, zum nächsten Versteck. Sein Leben ist vom Krieg geprägt: Bombenangriffe, Fliegeralarm, brennende Häuser. 1944 soll er in ein Heim für »Mischlingskinder« nach Österreich,doch Dank der guten Kontakte seines Vaters zum Bezirksamt kam er auf eine Liste für tuberkulosekranke Kinder und überlebte in einer Kinderheilanstalt im Allgäu die Schoa. Die gesamte Familie mütterlicherseits wurde zunächst ins Ghetto Lodz deportiert und dann im Vernichtungslager Kulmhof ermordet. Der Bruder des Vaters, Otto Hillmann, wurde im KZ Sachsenhausen ermordet. Zwei seiner jüdischen Schulfreunde, Gerd Abraham und Lutz Knobloch, wurden mit ihren Familien ins Ghetto Minsk und ins Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Die deutsche Kriegsgeneration war aus Kurts Sicht eine Generation von Lügnern. Die Lastwagen der Polizei und SS hätten vor aller Augen begonnen, die Menschen abzutransportieren. „Komisch war nur, ich war der einzige, der dit jesehn hat“
Wir haben Kurt als klugen und unermüdlichen Zeitzeugen, z.B. als Redner auf unserer Gedenkundgebung am 9. November, als Antifaschisten und Mahner gekannt und geliebt. Sein Resume gegen Ende seines langen Lebens war etwas bitter: „Ich habe das Empfinden, die Zeit läuft rückwärts. Es ist gut, dass die Menschen auf die Demos gegen Rechtsextremismus gehen. 1,5 Millionen Menschen deutschlandweit, das sind viele. Aber wir sind über 80 Millionen. Wo sind die anderen?“
Lieber Kurt, möge die Erde dir leicht sein. Lieber Kurt, wir machen weiter
In Teil 2 unserer Broschürenreihe „Fragt uns, wir sind die Letzten“ – Erinnerungen von Verfolgten des Nationalsozialismus und Menschen aus dem antifaschistischen Widerstand, findet sich ein längers Interview mit Kurt Hillmann. Hier könnt ihr es nachlesen und es finden sich auch einige Bilder.
Ihr könnt die Broschüre bei uns im Büro erhalten, ihr findet sie auf unseren Büchertischen und gegen eine Spende senden wir sie gerne zu